Einweihung des Kriegerdenkmals für die Gefallenen des 1. Weltkriegs im Jahr 1922

Die Kriegsereignisse im Spiegel der Heimat


Bericht der ehemaligen Tittlinger Lehrerin und Chronistin Therese Wiegand, basierend auf den Aufzeichnungen des Tittlinger Pfarrers Matthias Putz mit stellenweisen Überarbeitungen und Aktualisierungen

Die Schüsse in Sarajevo am 28. Juni 1914 lösten letztendlich 14 Kriegserklärungen aus. In Bayern wurde am 31. Juli 1914 der Kriegszustand erklärt. Am 1. August 1914 war die Mobilmachung und die Kriegserklärung an Russland.

Auf dem Marktplatz standen die Tittlinger in Haufen beisammen und lasen und besprachen die An­schläge an den Kirchentüren und Häusern.

In den ersten 14 Tagen wurden gleich 160 Mann aus der Pfarrei eingezogen nach Passau, wo sie in der Kaserne eingekleidet wurden, aber 14 Tage warten mussten bis zum Einsatz beim I. Armee­korps.

Der Abschied der Ledigen war schmerzlos, der Verheirateten und Familienväter wohl nicht.

Zur Pferdeaushebung kamen viele Rosse auf dem Marktplatz zusammen, wurden gut geschätzt und bezahlt. Den höchsten Preis erhielt der Bauer Schiller von Pötzersdorf mit 1.580 Mark für ein Pferd.

Mit großer Begeisterung wurden im Markt die Fahnen gehisst nach den ersten Siegen im August. Aber eine Zechgesellschaft von 20 Mann randalierte beim Lindlbauer (heute Passauer Hof) nachts um 2 Uhr und brüllte “Hoch Frankreich“. Deswegen wurde die Wirtschaft einige Tage gesperrt. Der Beigeordnete (2. Bürgermeister) Kaufmann Kapfhammer, Tittling wurde seines Amtes ent­hoben und zu 63 Mark Geldstrafe verurteilt, wie auch die Übrigen. Die Einwohnerschaft hat sehr abfällig über diesen Vorfall sich geäußert am ersten Tag der Mobilmachung.

Eine große Beunruhigung kam über die Sparer, die ihr Geld beim Raiffeisenverein abheben wollten. Aber nach einigen Wochen war sie behoben.

Gold- und Silbergeld wurde zurückbehalten und das Kleingeld war so rar, dass niemand mehr wechseln konnte. Da erschienen anfangs September im Markt die ersten Darlehensscheine zu 1, 2 und 5 Mark.

Der Zugverkehr wurde eingeschränkt im August und September. Es verkehrten nur noch zwei Züge statt vier.

Die Schulferien wurden bis 19. Oktober verlängert wegen Mangel an Arbeitskräften.

Bittgänge wurden unternommen nach Maria Hilf, Büchlberg, Halbmeile, Fürstenstein und zum Bründl.

Inmitten dieser beginnenden Kriegswirren kam die Trauerbotschaft am 20. August 1914 vom Tod unseres Papstes Pius X.

Dann kamen auch die ersten Todesnachrichten von den Schlachtfeldern in unsere Gemeinde, von Kapfer Franz, Tittling und Dichtl Jakob, Stützersdorf. Die Gedenkgottesdienste wurden in feierlicher Wei­se unter großer Beteiligung der Bevölkerung und aller Vereine mit Musik und Böllerschüssen abgehalt­en.

Am 5. Oktober 1914 wurde unser Kooperator Edermanninger einberufen als Feldgeistlicher.

Nun wurden 1915 Getreidehöchstpreise festgesetzt. In unserem Darlehenskassen-Lagerhaus wurde Getreide aufgekauft, verschickt und unsere Mühlen hatten nur welches für den Selbstverbrauch mit Mahl­schein und mit genauer Berechnung, wie lange das Mahlen reichen musste. Es wurden durch den Kommunalverband Januar 1915 die ersten Brotmarken ausgegeben, 200 Gramm täglich.

Das war zu wenig und so wurde heimlich Mehl gemahlen und geholt in der Nacht, wie auch später im 2. Weltkrieg.

Es gab vielfache Einschränkungen, z. B. Kriegsbrot aus Gerste und Hafer, Kartoffelbrot, dünnes Kriegsbier mit geringer Stammwürze u.v.m..

Die Preise stiegen rapide für alles Käufliche auch in Tittling: 1 Kuh kostete 4.500 M, 1 Paar Ochsen 1.600 M; Fleisch, Eier, Grieß, Petroleum, Bier – alles teurer – darum kamen die amtlichen Höchstpreise für alle Lebens- und Futtermittel, mit denen die Bauern nicht einverstanden waren.

Inzwischen waren bis zum Mai 1915 wieder 14 Gefallene in unserer Gemeinde zu betrauern, ebenso Vermisste. Im März 1916 kamen 3 kriegsgefangene Serben zum Pötzersdorfer in Arbeit.

Die Hausschlachtungen mussten angemeldet werden. Die 4. Kriegsanleihe wurde aufgelegt, in Tittling wurden 100.000 Mark gezeichnet. Kupfergeschirr und Zinn-Bierkrügl und -Deckel wurden beschlagnahmt.

Kriegsweihnachten 1916 wurde in gedrückter Stimmung gefeiert, 380 Väter und Söhne standen im Feld.

Mit Beginn des Kriegsjahres 1917 wurden Marken für sämtliche Lebensmittel eingeführt, die in der Gemeindeverwaltung und bei den Kaufleuten Raster und Kapfhammer ausgegeben wurden. Auch für Kleidung und Schuhe waren solche nötig.

Besonders der Bedarf an Stoffen war groß und ungedeckt. Darum eröffnete Kaufmann Weishäupl in dem ihm gehörenden Hofwirtshaus (Marktplatz 15, heute Heppel) eine Flachsbearbei­tungsanstalt. Der Flachs wurde hier gebrochen, gehechelt, geschwungen und an das Militär abgeliefert.

Auch Brennnesseln wurden gesammelt und verarbeitetet.

Im Juni 1917 mussten 2 Glocken und sämtliche Orgel-Prospekt-Pfeifen abgeliefert werden. Die leere Orgel wurde mit einem roten Tuch verhängt. Abfindungssumme für die Glocken 4.414 M und 967 M für die Orgelpfeifen.

Infolge eines außerordentlich günstigen Sommerwetters hatten unsere Bauern eine gute Ernte. Das Korn wurde aber immer noch zu 98% ausgemahlen, aber „schwarz wird doch weiß“ gemahlen!

Bis zum Beginn des Jahres 1918 waren bereits 40 Gefallene aus der Gemeinde Tittling zu verzeich­nen.

Am 11. November 1918 unterschrieb Deutschland einen Waffenstillstandsvertrag, der Krieg endete. Vier Tage vorher begann in München die Revolution, die das Ende der Monarchie einleitete und eine Räteherrschaft zum Ziel hatte. Ab 1. Dezember 1918 begannen in Deutschland die Wahlkämp­fe. Es entstand in Deutschland erstmals eine parlamentarische Demokratie (Weimarer Republik).

Am 18. April 1920 wurden die Heimkehrer aus dem 1. Weltkrieg festlich gefeiert, mit Festgottes­dienst, Festmahl und Festabend. Sie kamen aus der Gefangenschaft.

Am Pfingstsonntag, den 5. Juni 1922 war nach dem Festgottesdienst und Aufmarsch der Vereine die Enthüllung und Weihe des Kriegerdenkmals durch Pfarrer Michael Arbinger im schwarzen Ornat, wobei die Sterbeglocke geläutet wurde. Geschaffen wurde es von den Brüdern Kaspar, Ludwig und Mathias Söldner aus Stützersdorf.

Eingemeißelt waren der Schriftzug „Gewidmet von den dankbaren Gemeinden Tittling, Witzmanns­berg“ und die Namen der Gefallenen aus beiden Gemeinden.