Von der gräflich Tauffkirchenschen Brauerei zur Brauerei Niedermayer


Der Beginn der Brautätigkeit dieser Brauerei ist durch Urkunden nachgewiesen. 1676 bis 1679 stellte Hanns Wolf von Tauffkirchen zu Katzenberg Antrag auf Erlaubnis des Übertrags seiner Brau­stätte von Arbing in der heutigen Gemeinde Aicha vorm Wald nach Englburg.

Im Jahr 1681 wurde ihm die Transferierung bewil­ligt. Dies lässt den Schluss zu, dass es davor in Englburg keine Braustätte oder Brauerlaubnis ge­geben hat.

In den Trauungsbüchern von Tittling findet sich sogar der Name des Braumeisters aus der Anfangs­zeit. Im Jahr 1686 heiratete der Braumeister Sebastian Arnold aus Englburg die aus Tittling stam­mende Susanne Fischer.

Ein Jahrhundert später ist durch Gerichtsakte des in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten verwickel­ten Grafen Max von Tauffkirchen zu Guttenberg und Englburg der Forstbestand der Schlossbrauerei Englburg nachgewiesen.

In Unterlagen eines Erbstreits zwischen Graf Max von Tauffkirchen zu Guttenberg und Englburg mit der verwitweten Gräfin des Guido von Tauffkirchen auf Haidenburg wurde der Überschuss beim Bräu­haus Englburg im Jahr 1777 mit 450 Gulden angesetzt.

1778/79 klagte Anton Wurm, Hopfenhändler von Waldkirchen (Hochstift Passau) gegen Max Graf von Tauffkirchen wegen einer ausstehenden Forderung.

Nach einem längeren Verfahren wurde Maximilian Emanuel Josef I von Tauffkirchen zu Englburg im Jahr 1780 wegen zu frühen Einsiedens von Braunbier bestraft.

Ein Großbrand in Tittling im Jahr 1803, dem auch der dortige gräfliche Schlossbesitz zum Opfer fiel und die schrittweise Entmachtung des Adels, der mit dem Verlust von Einnahmemöglichkeiten einherging, brachte den Grafen von Tauffkirchen in große wirtschaftliche Schwierigkeiten.

Die Güter Englburg und Tittling wurden der Verwaltung durch das Königl. Landgericht Passau un­terstellt. Dieses schrieb im Jahr 1816 die Verpachtung des Brauhauses in Englburg für 6 Jahre aus.

Dabei wurden die vorhandenen Braurequisiten aufgezählt: Bierpfanne für 50 Eimer (je 60 Liter), ein Maischbottich, 4 Branntwein- und Gelägerkessel (für den Bodensatz nach der Gärung), 2.000 Eimer fassende und meistenteils mit eisernen Reifen versehene Sommerbierfässer, weitere Winter­bierfässer, 4 größtenteils gute Keller mit großem Fassungsvermögen, von dort aus können die Wirte in Tittling in einer halben Stunde erreicht werden. Dazu gehört eine mit Pferden oder Ochsen ange­triebene Malzmühle außerhalb des Brauhauses. Dem Pächter ist auch der „Minutoverschleiß“ (Bier­verkauf in kleinen Mengen) im Brauhaus „unverwehrt“.

Mitte des 19. Jahrhunderts war Franz Mayer Pächter der Englburger Brauerei. Er besaß auch von 1839 bis 1843 die Schlossbrauerei Fürstenstein und ab 1848 den Tittlinger Schlossbesitz mit Brauerei.

Um 1851 wurde Johann Wallner im Zusammenhang mit der Auflösung des Pachtverhältnisses als Braumeister in Englburg genannt. Nach der Auflösung der Pacht wurden ca. 200 Eimer Sommerbier „um billigen Preis aus dem herrschaftlichen Lagerkeller zu Englburg gegen Barzahlung und Abfuhr binnen 8 Tagen“ von der Gräflich von Tauffkirchenschen Gutsverwaltung Englburg und Tittling angeboten.

Im Jahr 1852 wurde Anton Späth als Bräu- und Ökonomiepächter genannt. In einer Anzeige bot er gutes und gehaltvolles Sommerbier an.

In der Beilage zum Kreis-Amtsblatt für Niederbayern vom 15. August 1857 wurde der öffentliche Zwangsverkauf des Nachlasses der Gräfin Fran­ziska von Tauffkirchen angekündigt. Es wurden auch die Brauerei betreffende Immobilien und der jeweilige Wertanschlag aufgeführt:

die radizierte Brauereigerechtsame (2.000 Gulden); das Benefiziatenhaus und Hausmeisterwohngebäude mit Sudhaus, Gärkeller und 3 Abteilungen des Sommerkellers, Bräuhausutensilien (7.000 Gulden); das Kühlhaus (400 Gulden), das dreistöckige Malzhaus (2.000 Gulden), das Malzmühlgebäude ein­schließlich der Malzmühle (1.200 Gulden), die Fassremise mit Felsenkeller (800 Gulden), der Mär­zenkeller im Schlossholz einschließlich der Fassremise (5.000 Gulden).

Die Versteigerung wurde auf den 24. September 1857 im Gasthof des Posthalters und Bierbrauers Mayer in Tittling angesetzt.

Moritz von Hirsch aus München ersteigerte den Schlossbesitz für 44.474 Gulden. Mit Max Nieder­mayer, Bräuers- und Post­halterssohn aus Siegenburg, der das Schlossgut im Oktober 1857 erwarb, kam die Englburg in bürgerliche Hände.

In einem 1864 von der Gemeindeverwaltung Tittling ausgestellten Leumundszeugnis wurde bestä­tigt, dass Herr Max Niedermayer durch seltenen Fleiß und rationelle Kenntnis die fast außer Betrieb gesetzte Bierbrauerei zu Schloss Englburg zu einem bisher noch nie bestandenen Aufschwung des Geschäftes gebracht hat. Er brachte „die verfallene Brauerei auf weit über das Zehnfache ihres vorigen Betriebs“.

Am 15. März 1874 brach um 4 Uhr nachts in der Malzdarre der Schlossbrauerei Englburg ein Brand aus, der sich durch starken Wind auf das Hauptschloss ausbreitete. Wegen des starken Schneefalls wurde das Feuer in den Nachbarorten nicht bemerkt. Schloss und Brauerei brannten völlig aus. 1875 wurde der Wiederaufbau fertiggestellt.

Durch einen tragischen Unglücksfall im Jahr 1889 wird indirekt der erneute Braubetrieb bestätigt. Ein Knecht des Bierbrauerei- und Realitätenbesitzers Niedermayer in Englburg kam mit einem bret­terbeladenen Fuhrwerk nach Tittling. In der Ziegelgasse (Dreiburgenstraße) rollte der schwere Wa­gen rückwärts zurück. Der 63 Jahre alte Austragsbauer Mathias Leonhard aus Hötzendorf wollte den Wagen durch Einspeichen aufhalten. Der Wagen fiel aber um, Leonhard wurde durch die schwere Last erschlagen.

Aus Unterlagen der Maschinenfabrik Jac. Haiböck, vorm. Näff aus Passau erfahren wir, dass 1894 größere Erneuerungsarbeiten durchgeführt worden sind: Aufstellung einer kompletten fünfpferdigen Dampfanlage nebst Transmissionen, Rohrleitungen, Vorwärmer und vieles mehr, neue runde eiserne Maisch- und Bierpfanne mit Dunsthut sowie Rührwerk nebst Feuerungsanlage.

Mit Schreiben vom 7. März 1895 bedankte sich Max Niedermayer für die solide Neueinrichtung. Besonders wohltuend sei die runde Pfanne mit Rührwerk und die dazugehörige Heizeinrichtung. Die Heizung erfolgte mit Kohlen. Bei einer Sud mit 15 hl Malz per Sud wurden acht Zentner Kohle benötigt. Lt. Niedermayer bewährte sich die Neueinrichtung „nach allen Seiten hin ganz vorzüglich“.



1898 verstarb im Alter von 75 Jahren der Schloss- und Brauereibesitzer Max Niedermayer. Er wur­de unter großer Beteiligung der Bevölkerung und der Vereine am 6. Mai 1898 in Fürstenstein zu Grabe getragen. Im Nachruf wurden auch seine großen Verdienste im Hopfenanbau gewür­digt.

Durch einen Großbrand im Jahr 1900, bei dem der Ökonomiehof (sog. Maierhof) mit allen Gebäu­den und Vorräten abbrannte, wurde die Familie Niedermayer erneut schwer getroffen.

Um diese Zeit endete der Brauereibetrieb auf Schloss Englburg. „Nach 1900 Brauerei einge­stellt“, teilt Max Peinkofer in einer Nebenbemerkung in seinem Büchlein von der Englburg mit.

Nach einer Meldung des Grafenauer Anzeigers vom August 1937 wurde das Biersieden auf der Englburg zu Anfang des Jahrhunderts eingestellt.

Dank Unterlagen der Familie Niedermayer lässt sich das genaue Ende der Brauerei Englburg auf das Jahr 1902 eingrenzen.

1902 erwarben Reichsfreiherr Oswald von Hornstein-Biethingen und dessen Gemahlin Carolina von Hornstein-Biethingen aus München den Schlossbesitz mit der Brauerei.

Bereits ein Jahr später kam es zur Ankündigung der Versteigerung des Schlossgebäudes, des noch vorhandenen Brau­hauses und des dazugehörigen Haus- und Grundbesitzes. Dazu gehörten auch sämtliche Brauereige­genstände, wie Bräupfanne, Maischbottiche, Kühlen, Gärbottiche und Lager­fässer, außerdem ein Lagerkeller mit Fassschupfe sowie ein Sommerkeller mit Fasshütte (heute Waldhaus, Englburg 50) im Schlossholz.

1904 ersteigerten Jakob und Jette Strauß, Kaufmannseheleute aus Buttenwiesen, Kreis Dillingen den Besitz und begannen sofort mit der Zertrümmerung des Gesamtbesitzes.

August Niedermayer, ein Sohn von Max Nie­dermayer sen. kaufte das Schlossgebäude und den noch verbliebenen Restbe­sitz. Er machte Englburg wieder zur beliebten und vielbesuchten Sommerfrische.

Einige Jahre vor dem 1. Weltkrieg wurden die Brauereiräume zu Fremdenzimmern umgebaut.

Herbert Zauhar, 09.2015