Der Abstand zwischen Altar und Wand war im früheren Kirchlein St. Veit sehr eng, wie eine Zeitungsmeldung aus dem Jahr 1832 zeigt.

Kann man einen Tittling(er) essen?


Einen Tittlinger natürlich nicht. Aber einen „Tittling“ essen war früher schon möglich.

In alten Büchern finden sich verschiedene Hinweise auf einen Fisch, der in verarbeitetem Zustand im Norden unter dem Namen „Tittling“ bekannt war.

Es handelte sich um einen Dorsch, der kleinsten und wohlschmeckendsten Kabeljauart.

Er war etwa eine Elle lang, mit sehr ins Rötliche fallender Haut. Er wurde im Herbst gefangen. Er wurde paarweise zum Trocknen aufgehängt. In der Art ungespaltener Rundfische wurde er dann Titt­ling (Mehrzahl: Tittlinge) genannt.

Es gab verschiedene Sorten, u. a. Holländer Tittling, Bremer T., Lübecker T. oder gemeiner Tittling. Diese unterschieden sich im Gewicht.

Die Zubereitung der Dorsche als Tittlinge war per Gesetz nur im „Nordlande“ (Dänemark, Norwe­gen, Island) erlaubt, weil dort die scharfe reine Frühlingsluft für das nötige Trocknen der Gräten und der Oberfläche ideal war.

Im Jahr 1857 bot im Intelligenzblatt Frankfurt der dortige Händler Carl Wigand Tittlinge zum Kauf an.

Heute ist diese Fischbezeichnung im Handel nicht mehr im Gebrauch, wie Erkundigungen bei der norddeutschen Fischindustrie und einem Kenner des heutigen Islands ergeben haben.

Der Opfergang der Tittlinger um den Hochaltar

Als noch das Kirchlein St. Veit am Marktplatz stand, gab es bei bestimmten Anlässen eine Beson­derheit.

An Festtagen, bei Beerdigungen, Hochzeiten usw. wurde nicht mit dem Klingelbeutel gesammelt, son­dern die Gottesdienstbesucher gingen um den Hochaltar herum zum Opferbehälter und wieder zu­rück zu ihrem Platz. Der Zwischenraum zwischen Altar und Kirchenmauer muss sehr eng gewe­sen sein. Darauf lässt eine Zeitungsnotiz im „Kourier an der Donau“ aus dem Jahr 1832 schließen.

Am 21. März wird vom Tod eines schwergewichtigen Franzosen berichtet. Der Mann musste außer­halb des Hauses in den Sarg gelegt werden, da der große Sarg weder durch Türen noch Fenster ins Freie gebracht werden konnte. Der Zeitungsredakteur folgerte daraus:

Wenn in Tittling, wo die Opfernden um den Hochaltar herumgehen, dieser Mann mit zum Opfer gegangen wäre, so wäre er gewiss auf diesem Umgang hinter dem Altar stecken geblieben und hätte mit Hebeln herausgearbeitet werden müssen.

Die Durchreise des Königs Max II mit Gemahlin Marie im Jahr 1849

und wie dabei eine Tittlingern beinahe eine Hofdame hätte werden können

Der bayerische König Max II Joseph und seine Gemahlin Marie, die Eltern des späteren Märchen­königs Ludwig II, bereisten ein Jahr nach der Thronbesteigung einen Teil des Königreichs Bayern. Dabei besuchten sie mit Gefolge auch den Bayerischen Wald.

Am 12. Juli 1849 fuhren sie von Zwiesel kommend durch die herrlichen Buchenwälder der Öd, vor­bei an Saldenburg in Richtung Tittling. Hier wollten viele Bürger einen Blick auf das durchreisende Königspaar werfen.

Kurz vor Tittling geschah ein Malheur. Bei einer der Staatskarossen brach eine Achse. Die kö­niglichen Gäste mussten am Marktplatz bis zur Reparatur einen längeren Halt einlegen. Immer mehr Bewohner strömten herbei, um die hohen Gäste zu sehen. Darunter war auch Franziska Haas, die ihr drei Monate altes Kind Maria am Arm trug und ein kleines Blumensträußchen für die Köni­gin mitgebracht hatte.

Die Königin, die selber zwei Söhne hatte (der spätere Ludwig II, „Märchenkönig“, geb. 1845 und Otto, geb. 1848) fand sofort Gefallen an dem kleinen Mädchen. Sie bot der Mutter an, das Kind mit nach München unter ihre Obhut zu nehmen und bestens für seine Zukunft zu sorgen. Die Mutterlie­be siegte über dieses schmeichelhafte Angebot. So blieb die kleine Maria, als das Königspaar nach erfolgter Reparatur der Staatskarosse über Neukirchen vorm Wald und Ruderting nach Passau fuhr, bei ihrer Mama in Tittling.

Maria heiratete 1888 den Bahnarbeiter Joseph Kohlhofer aus Eisensteg, der früher ein Bäcker war.

Laut Peinkofer handelt es sich um die spätere Tittlinger Gemüsehändlerin und Gurkenaushoblerin Maria Kohlhofer aus der Lederergasse, die weit über Tittling als „Schlosser Maria“ hinaus bekannt war. Ihr Lebensmittelpunkt war wohl ursprünglich das Anwesen Hafnergasse 5.

Bis zu ihrem Tod am 15.10.1920 soll Maria Kohlhofer gern über diese „königliche Episode“ erzählt und oft beklagt haben, dass ihr der Aufstieg an den königlichen Hof verwehrt worden ist.

Herbert Zauhar, 2018