Das Arbeitsdienstlager in der Dreiburgenstraße um 1936

Arbeitsdienstmänner und Arbeitsmaiden im Lager Tittling


Die Anfänge in Tittling

Anfang März 1934 wurde mit den Vorbereitungs- und Aufbauarbeiten in der Dreiburgenstraße begonnen. Die ein­zelnen Baracken kamen vorgefertigt hier an. Mitte Juni war das Arbeitsdienstlager fertiggestellt.

Grundsätzliches zum Arbeitsdienst

Zu dieser Zeit war die Ableistung des Arbeitsdienstes noch freiwillig.

Nach dem Erlass des Reichsarbeitsdienstgesetzes am 26. Juni 1935 war im NS-Regime der halbjährliche Arbeits­dienst für die männliche Jugend zwischen 18 und 25 Jahren obligatorisch, für weibliche freiwillig und ab Septem­ber 1939 ebenfalls verpflichtend.

Meist nur mit Spaten ausgerüstet, sollten die jungen Männer „Ehrendienst am deutschen Volke“ leisten.

Der 1931 eingeführte freiwillige Arbeitsdienst war als Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit konzipiert. Im Dritten Reich entwickelte er sich zu einem Instrument der Jugenderziehung im Sinne der national­sozialistischen „Volksgemeinschaft“ und v. a. zur Vorbereitung auf den Krieg.

Über das ganze Deutsche Reich verteilt gab es ca. 1.260 RAD-Lager.

Das RAD-Lager 2/295 „Marbod“ vor Ausbruch des 2. Weltkriegs

Das Lager umfasste im Sommer 1934 sechs Holzbaracken, im Laufe der Zeit kamen weitere hinzu.

Die Gesamtfläche des Lagers betrug rund 17.700 m², davon waren 2.000 m² überbaut.

Die Gesamtzahl der im Lager Tittling anwesenden „Arbeitsdienstler“ lag bei maximal 220 Mann.

Die Arbeitsdienstmänner verrichteten Arbeiten zur Verbesserung der Landwirtschaft, u. a. Drainagearbeiten in Trasfelden, Lanzendorf und Pretz und eine größere Bachregulierung bei Loderhof. Viel Platz nahm die körperliche Ertüchtigung ein und eine Art vormilitärischer Ausbildung. Es gab auch auswärtige Einsätze, z. B. an der Donau bei Straubing. In der Freizeit gab es gemeinsame Unternehmungen.

Kriegszeit – Arbeitsmaiden kommen ins Lager Tittling

Ab 28. Oktober 1939 kamen Arbeitsmaiden, junge Frauen zwischen 18 und 25 Jahren ins Lager Tittling. Anfang November 1939 wurden die ersten 40 dienstverpflichtet. Weitere Gruppen folgten Anfang Januar (40) und April 1940 (20). Im Januar 1940 wurde das Lager wegen der großen Kälte, bei der viele Frauen erkrankten, vorüberge­hend für vier Wochen geschlossen.

Die Arbeitsmaiden wurden hauptsächlich auf Bauernhöfen eingesetzt, zur Unterstützung und Entlastung bei der Haushaltsführung, der Kinderbetreuung und -erziehung sowie bei Arbeiten auf Hof und Feld.

Ende September 1940 verließen die letzten Arbeitsmaiden das Lager.

Das Arbeitsdienstlager wird zum Kriegsaufstellungslager

Um 1940/41 kamen wieder Arbeitsmänner nach Tittling. Dabei handelte es sich im Grunde um die Verlegung des RAD-Lagers Eggenfelden (5/295) nach Tittling. In Tittling erhielt diese Einheit die Kennnummer K5/295. Der Buchstabe „K“ stand für Kriegsaufstellungslager. Die Arbeitsdienstzeit war verkürzt, der Schwerpunkt lag auf der Ausbildung für den Einsatz als Soldat. Nach der „Arbeitsdienstzeit“ folgte der Kriegseinsatz bei der Wehrmacht.

Ende April 1945 – Die Arbeitsdienstmänner sollen Schönberg verteidigen

Die letzten Arbeitsdienstmänner, es waren wohl an die 150 Mann, rückten Ende März 1945 ins Lager ein. Sofort begann eine militärische Infanterie-Schnellausbildung zu einer RAD-Kampfeinheit, die laufend militärisch und ideologisch auf ihren Einsatz vorbereitet wurde.

Diese Einheit musste auch in Schwerstarbeit die beim Eisenbahnunglück bei Enzersdorf am 19. April 1945 schwer beschädigte Bahnstrecke wieder befahrbar machen.

Am 25. April 1945 wurden Tittlinger Arbeitsdienstmänner eingesetzt, um den Angriff der US-Truppen auf Schönberg abzuwehren, bei der Übermacht der heranrückenden US-Truppen ein sinnloses Unterfangen. Die Hälfte dieser größtenteils noch jugendlichen Arbeits­dienstler kamen nicht mehr in ihre Heimat zurück.

Kriegsende – Nachkriegszeit

Nach dem Einmarsch der Amerikaner am 29. April 1945 wurde das Lager zu einem Lazarett für Kriegsgefangene. Unter Leitung von Walter Fabian wurde in der Folge das Arbeitsdienstlager wegen der vielen kranken Soldaten und Flüchtlinge in ein Altersheim umgewandelt. 1953 erwarben die aus ihrer sudetendeutschen Heimat vertriebenen Deutschordensschwestern die Anlage, 1955 wurde das neuerbaute Altersheim eingeweiht.

HZ 03.2015