Südansicht auf einem Bauplan im Jahr 1890

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der frühere Passauer Hof am Marktplatz

bestand eigentlich aus zwei Gebäuden. Bis 1869 war der nördliche Teil des Gebäudes ein eigenständiges Anwesen. Hier gab es eine lange Metzgertradition. 1752 besaß es der Fleischhauer Georg Sigl. 1760 wird das Anwesen „aufn Jung Metzgerhaus“ bezeichnet. 1808 heiratete Paul Haselbauer ein. Im Urkataster von 1841 wird das Anwesen als „Haselbauergütl“ bezeichnet, das Anton Richter aber bereits 1819 erworben hatte. 1861 erwarb Peter Hausinger von Anton Richter dieses Haselbauergütl und das südlich davon gelegene größere Gasthaus mit Metzgerei.

Beim großen Brand von 1864 wurde Hausingers neuer Besitz und 17 weitere Häuser im Ortskern schwer beschädigt. Schon beim größten Marktbrand im Jahr 1803 wurde das damals aus Holz erbaute Haus vollständig zerstört.

Beim Wiederaufbau 1869 wurden beide Anwesen zum heutigen Gebäudekomplex vereinigt.

Das Hauptgebäude im Süden hat eine lange Tradition als Gasthaus und Metzgerei. 1654 gehörte es dem aus Regen stammenden Fleischhacker Simon Frank, der die hier ansässige Witwe Lucia Dobler, geb. Prin ehelichte. Als diese erneut Witwe wurde, erscheint mit Thomas Popp aus Grafenau erstmals dieser Familienname Popp (Hofanlagsbuchhaltung 1760: „aufn Poppen Metzger Haus“) in der Besitzlinie. Schon früh werden die Berufe der Besitzer mit Fleischhauer (Fleischhacker) und Wirt angegeben.

Besitzer ab 1695 waren Johann und Anton Mayer, Johann Baptist Mühldorfer und Anton Richter. Im Urkataster von 1841 wird dieser als Besitzer des Gasthauses, das damals „Zur goldenen Traube“ hieß, genannt. Dies ist ein Hinweis, dass früher in den Gasthäusern auch Wein eine große Rolle spielte.

Anton Richter war von 1836 bis 1853 auch Postexpeditor. Außerdem unterhielt er Stallungen für Durchreisende.

1861 erwarb Peter Hausinger das Anwesen. Nach Ferdinand und Josef Hausinger (dem Bruder des Tittlinger Weißbierbrauers Markus Hausinger) gab es ab 1910 wechselnde Besitzer: Sebastian und Therese Rieder, 1914 Georg und Karolina Lindlbauer, danach Georgine Schlattl, geb. Lindlbauer und deren Ehemann bis 1960, also 46 Jahre lang und anschließend die Passauer Brauerei Peschl. Der Gasthof wurde nun in „Passauer Hof“ umbenannt.

Die Geschichte des Hauptgebäudes, dessen Aussehen und Substanz sich über die Jahrhunderte mehrmals verändert hat, reicht sicher noch in die Zeit vor 1650 zurück.

In den Grundsteuerakten 1906 werden eine Kegelbahn und ein abgebrochenes Sommerhaus erwähnt.

Pächter des Passauer Hofs nach 1960 waren u.a.: Lehner, Sopronyi, Max Hauzenberger und Johann Lorenz.

Die Gastwirtschaft war immer ein gut besuchtes Gasthaus mit bürgerlichen Preisen.

Früher war der Gasthausname familienbezogen. Man kehrte beim Hausinger, Rieder oder Lindlbauer ein oder feierte Feste im kleinen Saal im ersten Stock des Gebäudes.

Lange war rechts vom Eingang ein Metzgereiverkaufsraum.

Der Passauer Hof wurde 1985 Vereinslokal der neu gegründeten Dreiburgenschützen Tittling.

Im nördlichen Teil des Gebäudekomplexes wurde Ende 1986 das Vereinsheim mit der Schießanlage in Betrieb genommen. Heute besitzen die Dreiburgenschützen ein eigenes Vereinsheim in der Bahnhofstraße.

Nach dem Weggang des letzten Pächters Johann Lorenz wurde es ruhig in diesem Gasthaus, das über Jahrhunderte seinen festen Platz im Leben der Tittlinger und der auswärtigen Besucher hatte. In den letzten Jahren gab es hier für einige Zeit eine Pizzeria und kurzzeitig ein griechisches Lokal.

Nun wurde das für das Ortsbild und wirtschaftliche Leben wichtige Anwesen vom neuen Besitzer Otto Toso den heutigen Bedürfnissen angepasst und sehr geschmackvoll saniert. Für den Erhalt des historischen Charakters des Gebäudes verdient der Bauherr Anerkennung!

Heimatgeschichtliches Bewusstsein zeigt auch die Wiederwendung des Gasthausnamens „Lindlbauer“. Er erinnert an den angesehenen Gasthofbesitzer, Metzgermeister und Pferdehändler Georg Lindlbauer (1875 - 1956), der zusammen mit seiner Gattin Karolina ab 1914 dieses Anwesen besaß. Er war Sohn eines Metzgers in Oberpolling. Er hatte bereits 1896 das heutige Anwesen Schlattl in der Färbergasse 18 erworben und ein Schlachthaus mit Metzgerladen eingerichtet. Ab 1900 und bis zum Erwerb des Gasthofs war der Metzgerladen im Anwesen Marktplatz 3 (heute Pilspub).

1952 wurde der Gasthof an die Tochter Georgine, verehelicht mit Georg Schlattl, übergeben. 1960 erwarb der Brauer Eduard Peschl aus Passau den Gasthof.

Georgine Schlattl war von 1955 bis zu ihrem Tod 1976 Fahnenmutter des Soldaten- und Kriegervereins Tittling.

Die älteren Tittlinger erzählen noch heute von großen Faschingsbällen in den 1950er-Jahren. Bedingt durch den großen Andrang mussten dabei manche Vereine drei Säle anmieten (Lindlbauer, Habereder, Grafenschlössl/Mayer).

Herbert Zauher, 2020