Da nicht mehr alle Verstorbenen aus dem Lungenlazarett Englburg in Fürstenstein begraben werden konnten, wurden sie neben der sog. Waldkapelle bestattet. Später erfolgte die Umbettung auf die Kriegsgräberstätte in Hofkirchen/Donau.

Am 26. August 1946 meldete das Krankenhaus für Lungenkranke

auf Schloss Englburg, dass Herr Heinrich Klein am 24. August 1946 verstorben ist.

Wer war dieser Heinrich Klein?

Die Autorin und Ärztin Dr. Ingild Janda-Busl erforschte das Schicksal der Juden im Land­kreis Tirschenreuth.

Einer von diesen war der 28.04.1873 in Wien geborene Heinrich Klein. Sein Vater war Bahnbeamter. Nach Ableistung seines Militärdienst in der österreichischen Armee kam er 1897 nach Waldsassen. Dort arbeitete er in einer Glasfabrik. 1905 heiratete er eine Frau katholischen Glaubens.

Im Dritten Reich war er als Jude und seine Familie vielen Repressalien ausgesetzt, obwohl er 1936 aus der israelitischen Religionsgemeinschaft ausgetreten und katholisch getauft worden war.

Seine Frau starb 1942. Zwei Jahre später wurde er auf Veranlassung der Gestapo verhaftet und An­fang 1944 in das KZ Theresienstadt deportiert. Beim Kriegsende 1945 wurde er befreit und kehrte schwerkrank nach Waldsassen zurück.

Wegen seines schlechten Gesundheitszustands wurde er am 14. August 1946 in das Krankenhaus für Lungenkranke auf Schloss Englburg eingeliefert. Zehn Tage später starb er. Ein Sohn von Hein­rich Klein holte den Leichnam in Tittling ab und brachte ihn zur Bestattung nach Waldsassen.

Die ab 1929 vom Orden der Englischen Fräulein (CJ) auf Schloss Englburg geführte Fremdenpensi­on wurde 1941 in ein Kriegslazarett für Leichtverwundete und 1945 in ein Lungenlazarett umge­wandelt. Von 1946 bis Ende 1948 wurden hier im nunmehrigen Kreiskrankenhaus für Lungenkran­ke überwiegend Tbc-Patienten versorgt. Diese kamen aus einem großen Einzugsgebiet. „Die Engl­burg nimmt aus zehn bis zwölf Landkreisen bis nach Regensburg hinauf Lungenkranke auf“, be­richtet die PNP in ihrer Ausgabe vom 6. August 1948.

Für die dauerhafte Behandlung dieser ansteckenden Krankheit war die Englburg aus baulichen Gründen völlig ungeeignet. Im Jahr 1947 lag die Todeszahl bei über 70, bei einer Bettenzahl von 155. Die Ordensleitung zog die Reißleine und kündigte den Krankenhausbetrieb zum 1. Oktober 1948 gegenüber dem Land­kreis Passau.

Im August 1950 wurde Schloss Englburg wieder als Erholungsheim eröffnet.

Im 2. Halbjahr 1945 starben auf der Englburg so viele ortsfremde Lungenkranke, dass sie nicht mehr auf dem zuständigen Fürstensteiner Friedhof beerdigt werden konnten. Neben der sog. Waldkapelle in Englburg wurde ein provisorischer Waldfriedhof errichtet. Die meisten der hier namentlich bekannten Beerdigten wurden später auf den Soldatenfriedhof Hofkirchen überführt.

Westphal Erwin aus Pansin bei Saatzig, Pommern, RAD, 17 Jahre alt, Pschenitschikow Serjey aus Russland, Hilfswilliger, 22 Jahre alt, Chrinko Alexander aus Debale, Ukraine, Hilfswilliger, 35 Jahre alt, Bokor Ladislaus aus Szombathely, Ungarn, Soldat, 30 Jahre alt, Bursakjew Aschmed aus Gatzach, Russland, Soldat, 26 Jahre alt, Banach Horst aus Recklinghaussen, NRW, 23 Jahre alt, Sandjeam/Sandjeann Singorani Semeon aus Cesenscht, Rumänien, Soldat, 18 Jahre alt, Benne­witz Friedrich aus Gruna bei Meissen, Sachsen, 18 Jahre alt, Valyna Imre aus Maromecek, Un­garn, Soldat, 19 Jahre alt, Schutanowatz Strasimir aus Tularew, Serbien, Soldat, 34 Jahre alt, Szenleleki Anton aus Czaholcz, Ungarn, Soldat, 34 Jahre alt, Parpart Werner aus Kolberg/Ostsee, 18 Jahre alt, Golinsky Friedrich aus Wanne-Eickel, Rheinland, 19 Jahre alt, Gaßner Ferdinand aus Höbmannsbach, Pfarrei Taufkirchen an der Pram, 23 Jahre alt, Thomas Erwin aus Schönlanke, Netzekreis, 19 Jahre alt, Hagenauer Franz aus Traiskirchen, Baden, 41 Jahre alt, Kuss W., Unter­offizier aus Frankfurt/Oder, 28 Jahre alt

Das schlimme Schicksal, allein, fernab der Heimat und vielfach an unbekannten Orten sterben zu müssen, betraf Millionen von Menschen im und nach dem 2. Weltkrieg, auch Tittlinger und Witzmannsber­ger. Viele Angehörige leiden noch heute darunter. Das Schicksal dieser Menschen sollte uns Mah­nung sein, unser politisches Bewusstsein zu schärfen!

Herbert Zauhar, 09.2020