Heimatgeschichtliche Erläuterungen von Johann Krenn, Masering
Granit im Dreiburgenland
Vor etwa 300 Millionen Jahren bildete sich im Bayerischen Wald ein Gebirgsblock aus Quarz, Feldspat und Glimmer. Der Granit entstand. Das Tittlinger, Saldenburger und Fürstensteiner Granitvorkommen zählt, neben dem Hauzenberger Granit, zu den größten im Bayerischen Wald. Die Entwicklung der Granitindustrie im Dreiburgenland begann etwa um 1870. Am Abhang des Schloßbergs in Fürstenstein wurde der erste Steinbruch eröffnet.
Es folgten Steinbrüche in Eisensteg, Masering, Hötzendorf, Höhenberg, Hohenwart, Taubenweid, Halbmeile, Matzersdorf und etliche kleinere Steinbrüche. Granitwürfel für Wien zählten zu den ersten Produkten. Aus dem Steinbruch Höhenberg wurde Granit für die Kathedrale in S. Paulo Santos in Brasilien, für das Reichstagsgebäude sowie für die Staatsbibliothek in Berlin geliefert. Aber auch die Tittlinger Pfarrkirche wurde aus heimischen Granit erbaut (1889-92). Einen entscheidenden Aufschwung erhielt die Granitindustrie durch den Bau der Eisenbahnlinie von Deggendorf über Tittling nach Kalteneck.
Eine Attraktion am Verweilplatz, der von der Fa. Werner Merckenschlager erstellte "Granit-Zug"
Ab 1913 konnten die Steinprodukte auf Güterwaggons verladen werden und mussten nicht mehr mühsam mit Ochsenfuhrwerk nach Vilshofen zur Donau transportiert werden. Eine Blütezeit erreichten die Tittlinger Steinbrüche vor und nach dem 2. Weltkrieg. Zeitweise fanden rund 600 Beschäftigte Arbeit und Brot. Am Höhenberg und im Gebiet Hötzendorf - Gneisting - Masering waren größere zusammenhängende Granitvorkommen. Die Firmen Hötzendorfer Granitwerke Merckenschlager sowie Rieger & Seil beschäftigten um 1950 ca. 230 Arbeiter.
An dieser Stelle, bei Bahn-Km 43,9 wurde ein Nebengleis und eine 170 m lange Granitmauer erbaut, die u.a. als Laderampe benutzt wurde.
Von dort konnte eine Lore mit Kippvorrichtung die Güterwaggons beladen. Die Steinvorräte waren allerdings 1961 erschöpft und der Bruch wurde stillgelegt.
Im ehemaligen Steinbruch Masering befindet sich heute eine Kompostieranlage. Der Merckenschlager-Bruch ist noch in Betrieb und hat sich auf Steinveredelung spezialisiert.
Einen schweren Rückschlag erhielt die Steinindustrie im Bayerischen Wald durch einen 11-monatigen Streik 1991/92. Die Arbeitgeber konnten den Forderungen der Gewerkschaft nicht mehr nachkommen, da durch Importe aus Portugal und weiteren Grenzöffnungen zum Osten einheimische Produkte nicht mehr konkurrenzfähig waren.
Im Jahr 2020 sind in den Steinbrüchen Merckenschlager, Kusser (Höhenberg) und Krenn (Matzersdorf) nur mehr ca. 25 Arbeiter beschäftigt.
Geschichte der Bahnlinie Deggendorf - Kalteneck
In den Jahren um 1900 mussten schwere Lasten wie Granitsteine, Eisen und Holz mit Pferdefuhrwerken zu größeren Bahnhöfen gefahren werden. In dieser Zeit gab es viele Steinbrüche in unserer Umgebung und so waren es vor allem die Steinbruchbesitzer, die auf den Bau einer Bahnlinie drängten.
Es entwickelten sich schwierige Grundstücksverhandlungen mit Streitereien, denn keiner der Bauern wollte für den Bau einer Bahnlinie Grund hergeben. Die Witzmannsberger stimmten wegen der Straßenbaukosten gegen einen Bahnhof. Sie wollten die ankommenden Güter lieber in Tittling abholen. Später wurde nur eine Haltestelle eingerichtet. Die Tittlinger stritten wegen des Trassenverlaufs.
Schließlich wurde 1910 mit dem Bau begonnen. 1911 erreichten die Bahnarbeiten den Raum Tittling/Fürstenstein. Es wurden neben deutschen auch österreichische, ungarische und italienische Arbeiter eingesetzt. Am 13. Mai 1913 fuhr der erste Personenzug als Sonderzug zur Firmung über Kalteneck weiter nach Passau.
1929 wurde in Tittling ein Bahnhofsbetriebsgebäude erbaut, das aber in den letzten Kriegstagen 1945 durch die Bombardierung Tittlings ein Raub der Flammen wurde und bis auf die Grundmauern niederbrannte. In den folgenden Jahren wurde das Bahnhofsgebäude sowie eine Güterhalle wieder aufgebaut.
Am 19. April 1945 ereignete sich ein schweres Eisenbahnunglück. Ein mit Fahrzeugen und Kriegsmaterial beladener Militärzug entgleiste auf der abschüssigen Bahnlinie bei Enzersdorf - Danglmühle. Lokomotive und Waggons stürzten die Böschung hinab und brannten aus. 17 Soldaten kamen dabei ums Leben und ca. 80 Verletzte wurden in die umliegenden Lazarette und Krankenhäuser gebracht.
Ein weiteres Eisenbahnunglück ereignete sich bei Fürstenstein im Oktober 1952. zusammen. Acht Tote und mehrere Schwer- und Leichtverletzte waren zu beklagen. Beim Rangieren rollte ein mit Schotter beladener Waggon in Richtung Nammering und stieß mit einem entgegenkommenden Triebwagen zusammen.
1973 wurde der gesamte Zugverkehr zwischen Tittling und Kalteneck eingestellt. Letztmalig befuhr am 19.07.1992 anlässlich des Tittlinger Vereinsfestes ein Sonderzug die Strecke Passau-Tittling.
Seit der Eröffnung des Donau-Ilz-Radwegs 2006 hat das Dreiburgenland wieder eine beliebte, interessante Attraktion an der ehemaligen Bahnlinie.
Johann Krenn, 11.2020